Auf dem Weiterweg Richtung Cobija passierten wir noch das kleine Örtchen Porvenir. Da hier angeblich eine Drogenschmugglerroute von Peru nach Brasilien verlief, verließen wir den Ort auf direktem Weg. Generell gelten in dem Departamento Pando etwas andere Gesetze als im Rest Boliviens. Aufgrund der Nähe zu Brasilien (und Peru) kommt vieles auf illegalen Wegen nach oder aus Bolivien. Um staatlich subventionierte Ressourcen wie Gas und Treibstoff zu schützen, gibt es aus diesem Grund sehr strenge Gesetze. Um in Pando tanken zu können, benötigt man eine spezielle “Tankkarte” und selbst mit dieser erhält man nur eine bestimmte Treibstoffmenge pro Woche. Zusätzlich wurde uns mitgeteilt, dass das Führen von Treibstoff in Kanistern bzw. von gefüllten Gasflaschen beinahe gleichzusetzen sei mit Drogenschmuggel.
So konnte sich Martin erstmals seinem Traumberuf (“Drogenboss”) mit unseren 4 Reservekanistern Diesel und 1,5 vollen Flaschen Gas wenigstens gedanklich etwas näher fühlen – gottseidank kam nie ein Polizist bei den äußerst zahlreichen Kontrollen auf den Gedanken unseren Carlos näher unter die Lupe zu nehmen.
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Angekommen in Cobija hieß es erstmals das Büro des Naturreservates Manuripi Heath ausfindig zu machen. Der Besitzer des Hotels Asai zeigte sich als äußerst hilfsbereit und zeigte uns den Weg auf seinem Moped. Nach einer etwas längeren Mittagspause des Büros ging es endlich daran das Permit, das wir für einen Besuch des Naturreservates benötigten, zu beschaffen. Nach einer weiteren Wartezeit war auch der Direktor eingetroffen, der uns persönlich bezüglich unserer Motivation des Parkbesuches interviewte. Da das Reservat touristisch (beinahe) völlig unerschlossen ist und sich auch die jährlichen Besucherzahlen wahrscheinlich an einer Hand abzählen lassen, sorgten wir für leichte Verwunderung. Der Direktor freute sich jedoch über Besuch und ersuchte uns das Reservat zu promoten. Um uns schon vorab zu überzeugen, folgte sogleich eine Fotovorführung seines persönlichen Ausfluges in den Park. Noch am selben Tag fuhren wir wieder zurück und zweigten bei Porvenir Richtung San Silvestre ab. Bei zahlreichen Polizeikontrollen führten wir abermals zu großer Verwunderung. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichten wir San Silvestre wo sich die Kontrollstation des Naturreservates befand. Wir nächtigen wieder einmal direkt auf der Straße und lauschten gespannt den Geräuschen des Urwales die uns auch bald in in den Schlaf wiegten.
Am nächsten Morgen mussten wir nur kurz unser Permit bei der Kontrollstation vorzeigen. Daraufhin überquerten wir mit einer kleinen Fähre den Rio Manuripi, der die Grenze des Parks darstellt. Im Gegensatz zu unseren bisherigen Verschiffungen wurde diese Fähre per Hand an einem dicken Seil über den Fluss bewegt.
Bald darauf erreichten wir das Urwalddörfchen Curichon und fragten nach einem Führer der uns zum Lago Bay geleiten sollte. Zahlreiche Männer versammelten sich und es dauerte nicht lange bis zwei junge Guides für uns gefunden waren. Ausgerüstet mit Gummistiefeln und Sandalen ging es etwa 10 km durch den Urwald. Die Einheimischen legen normalerweise einen großen Teil der Strecke mit Mopeds zurück, da jedoch für uns Bewegung eine willkommene Abwechslung zum Autofahren darstellte und wir zudem auch den Wald intensiver erleben wollten, bevorzugten wir einen Fußmarsch. Kurz bevor wir den See erreichten musste noch eine kleine Flussdurchquerung erfolgen. Am Hinweg stellten sich Annas Gummistiefel als sehr wertvoll heraus. Angekommen am See wurden wir von einem riesigen Schmetterlingsschwarm am Ufer umschwirrt. Mit einem Boot erkundeten wir mit unseren beiden Führern den wunderschönen und einsamen Urwaldsee. Papageien und zahlreiche andere Vögel saßen in den Baumkronen die sich über das Wasser neigten. Auch mehrere Otter (Giantotters ?) konnten wir im See beobachten. Beim anschließenden Fischen hatten wir leider kein Glück und so machten wir uns auf den Rückweg. Wir lernten wie die Einheimischen Paranüsse im Urwald sammeln und konnten sogar die glitzernden Augen einer kleinen Wildkatze in der angebrochenen Nacht erblicken.
Die Paranüsse gehören zur Haupteinnahmequelle der Bewohner des Dorfes. Dafür werden die wild wachsenden kokosnussartigen Früchte im Wald gesammelt und aufgehackt. Ein etwa 80 kg schwerer Sack mit Paranüssen wird für etwa 500 Bolivianos (je nach Qualität mehr oder weniger) weiterverkauft.
Als wir müde wieder das Dorf erreichten nahmen wir diesesmal gerne die Einladung an uns im nahen Fluss zu waschen. In der Finsternis war es ganz schön spannend sich auf einer kleinen Plattform in einem unbekannten Fluss nur im Schein einer Stirnlampe zu waschen. (Gut dass wir erst am nächsten Morgen die Frauen beim Wäschewaschen in dem erdig, braunen Urwaldwasser an der gleichen Stelle beobachteten.)
Eigentlich wollten wir am nächsten Tag noch einen Bootsausflug auf dem Rio Manuripi organisieren, doch leider hatte das Wetter wieder umgeschlagen und es begann bereits zu Mittag zu regnen. Bevor wir uns auf den Weiterweg machten, trafen wir noch unseren Guide Roberto der mit einem Freund, einem Gewehr und einem winzigen Rucksack sich in den Urwald begab um ein Wildschwein zu jagen. Er sagte er würde wohl in ein bis zwei Tagen wieder kommen und bis dahin auf einfache Art und Weise (für uns unvorstellbar) im Urwald leben. Die Bewohner des Parks dürfen Jagen und Fischen, jedoch nur zu einem Ausmaß das zum Leben notwendig ist. Für das Fällen von größeren Bäumen, die z.B. zum Hausbauen benötigt werden, müssen die Einheimischen um Erlaubnis bei der Parkaufsicht ansuchen.
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Da beinahe die gesamte Anreise in den Park über Erd- und Sandpisten erfolgte, wollten wir kein Risiko eingehen und machten uns bei einsetzendem Regen auf den Rückweg. Innerhalb kürzester Zeit (viel schneller als wir gedacht hatten!) verwandelte sich die zuvor staubtrockene Piste teilweise in eine richtige Schlammschlacht. Mit ständig ausbrechendem Heck kämpfte sich Carlos durch den Schlamm doch als wir bei Gegenverkehr die Straßenmitte verlassen mussten rutschen wir in den Straßengraben. Bei einem ersten Bergungsversuch drehten lediglich die beiden Antriebsräder durch. Auch der Versuch ein Holzbrett unterzulegen scheiterte. So packten wir schlussendlich die Schneeketten aus und siehe da – es dauerte nicht lange bis sich Carlos wieder in der rettenden Straßenmitte befand. (Die Urwaldstraßen weisen meist eine Wölbung auf, so dass sie in der Mitte deutlich höher sind als am Rand, was bei Schlamm äußerst unangenehm ist!) Glückselig über die eigenhändige Rettung ging es weiter auf der immer schlechter werdenden Piste. Carlos verteidigte auch bei Gegenverkehr auf den kommenden Kilometern tapfer die Straßenmitte und dank Martins Fahrgeschick schafften wir es bis Porvenir wo wir wieder die rettende Asphaltstraße erreichten. Diese Fahrt war wohl das größte Fahrabenteuer bis jetzt! Nun verstehen wir auch, dass eigentlich Allrad obligatorisch für Urwaldfahrten abseits von Asphalt ist!