Rurrenabaque – durch die grüne Hölle ins Urwaldparadies?

Bereits um 8 Uhr saßen wir am nächsten Tag, einem Sonntagmorgen, wieder fahrbereit am Steuer von unserem Carlos und machten uns auf den Weg von Coroico Richtung Rurrenabaque. Nachdem wir noch kurz die Vorräte und den Dieseltank (1 Liter zu 3.72 Bolivianos)gefüllt hatten, stand dem kommenden Fahrabenteuer nichts mehr im Wege. Da auf dieser Strecke an etlichen Stellen gebaut wurde, war der Sonntag die einzige Möglichkeit ohne Wartezeiten zu passieren und das wollten wir ausnützen. Rasch ging es zu Beginn über die teils schon verbreitete Piste, die spektakulär in die steilen Abhänge gesprengt wurde. Die Fahrtrichtung änderte sich auf dieser Strecke je nachdem auf welcher Seite sich der Abgrund befand. Das ungewohnte Fahren auf dem linken Fahrbahnrand und die Änderungen von links nach rechts und dann wieder zurück brachten uns zu Beginn ganz schön ins Schwitzen. Kurz vor Mittag erreichten wir Caranavi, den letzten größeren Ort auf der Strecke und zweigten Richtung Rurrenabaque ab. Die Straße wurde nun immer schmäler und es dauerte nicht lange bis wir an einer Stelle vorbei kamen, wo gerade ein Auto geborgen wurde.

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Langsam schlängelte sich die Erdpiste über die üppig bewaldeten Tropenwälder bergauf. Mit steigender Höhe wurde die Straße abschnittsweise immer matschiger und Carlos wurde bereits ganz schön gefordert. Besonders in diesen Abschnitten war Gegenverkehr äußerst unangenehm, da zumeist ein Auto rückwärts fahrend eine geeignete Stelle zum Vorbeifahren aufsuchen musste. Lastwagen und Busse stellten sich als überaus unerwünschte Verkehrsteilnehmer heraus, da sie sich keinen Millimeter vom Fleck bewegten und stets wir auszuweichen hatten. Bei kleineren Verkehrsteilnehmern wurde es teilweise zur Geduldsprobe wer den Rückweg antrat.
Auf einmal blockierte eine kleine Schlange aus PKWs und LKWs die Straße. Ein großer Lastwagen war im Matsch steckengeblieben. Nachdem sich eine Befreiung als unmöglich herausstellte, musste ein Straßenbaufahrzeug zur Hilfe eilen. Nach etlichen Versuchen konnte der LKW aus dem Matsch geborgen werden und nachdem das Straßenbaufahrzeug noch für eine bessere Befestigung der Straße sorgte, passierte Carlos ohne jegliche Schwierigkeiten die zuvor heikle Passage – es konnte weiter gehen. Der Weiterweg zeigte sich von unterschiedlicher Qualität. Es wechselten trockene Abschnitte mit teils großen Schlaglöchern mit nassen Passagen, die vor allem aufgrund der tiefen Spurrillen durch den LKW-Verkehr gefährlich für Carlos waren. Mehrmaliger Unterbodenkontakt war leider nicht zu vermeiden. Bereits im Finsteren erreichten wir Yacumo. Bei einer Polizei- und Militärkontrolle wurde uns mitgeteilt, dass nun die Straße deutlich besser werden sollte. Auch auf dieser Straße wurde gebaut, da sie in naher Zukunft sogar asphaltiert werden sollte. Doch trotz Baumaßnahmen und immer wiederkehrenden kleinen Umleitung gab sich Carlos alle Mühe die Strecke schnell hinter sich zu bringen. So schafften wir die etwa 100 km von Yacumo in nicht einmal drei Stunden!! (Beinahe eine Autobahn im Vergleich zu dem vorangegangenen Streckenabschnitt!) und rollten um kurz nach 22.00 Uhr in Rurrenabaque ein. Wir parkten Carlos vor die Anlage des Hotels El Mirador und träumten bald tief und fest. Unsere dickwandigen Weingläser die uns die gesamte Reise nicht im Stich gelassen hatten, waren bei dieser Fahrt in die Brüche gegangen – doch Scherben bringen Glück.

Am nächsten Morgen staunten wir nicht schlecht, als ein Säckchen mit frischen, warmen Brötchen an unserem Rückspiegel baumelte (Der französiche Bäcker im Ort besticht mit ausgezeichnetem Brot, nach dessen Qualität man in Südamerika lange suchen muss!). Bald darauf wurden wir auch schon von Jorge dem Besitzer und Pepe dem Manager in Empfang genommen. Nach einer kurzen Rundfahrt durch das Gelände entschieden wir uns Carlos bei einer Campingmöglichkeit auf einem kleinen Hügel, nahe des Hauses des Besitzers abzustellen. Vom Auto aus genossen wir traumhafte Ausblicke auf das Örtchen Rurrenabaque und die Weiten des bolivianischen Urwaldes. Keine 10 m hinter dem Auto wucherte bereits der tropische Regenwald. Uns war im Hotel Oberland nicht zu viel versprochen worden….
An den nächsten Tagen machten wir eine kleine Wanderung durch den Regenwald die direkt hinter dem Haus startete und zu einem Sattel mit toller Aussicht führte. Eine Machete leistete uns gute Dienste da der Wald fleißig daran arbeitete sich den schmalen Pfad wieder zurückzuerobern.
Da wir für die Moskitos eine willkommene Nahrungsquelle darstellten (Frischfleisch?), waren wir bald von oben bis unten zerstochen. Abends war es jedoch zu heiß, um die Autofenster zu schließen und so musste ein Fliegengitter her. Dank Jorges Hilfe konnten wir bald Klettverschluss und Fliegengitter organisieren und machten uns an die Arbeit ein abnehmbares Fliegengitter zu basteln. Um die groben Näharbeiten zu beschleunigen, ließen wir uns im Ort helfen. Mit mechanisch betriebenen Nähmaschinen begann das Fliegengitter Form anzunehmen. Die Feinarbeit musste jedoch noch von uns per Hand erfolgen, da die Nähmaschinen auch nicht Zig-Zag nähen konnten.
Zu den Vorzügen des Hotels El Mirador (www.rurre.com) gehörte auch ein Swimmingpool in dem man vor allem bei der Abenddämmerung eine unglaublich schöne Stimmung genießen konnte. Doch leider sind diese harmlosen Aktivitäten wie ein erfrischendes Bad mit einem hohen Gefahrenpotential verbunden und so rutschte Martin am nassen Schwimmbadrand aus und schlug mit dem Brustkorb auf einer kleinen Mauer auf. Neben einem riesengroßen Bluterguss deutete alles auf eine gebrochene Rippe hin. Somit hieß es für uns erstmals ein paar ruhigere Tage einzuschlagen. Wenigstens bot sich die Umgebung in Rurrenabaque hier großartig dafür an. Spaziergänge ins Ortszentrum um das Internet zu checken und uns mit frischem Obst und Gemüse einzudecken gehörten neben vielen Stunden die wir mit Jorge verbrachten zum kommenden Tagesprogramm. Von Jorge, der bereits fast überall auf der Welt arbeitend oder reisend unterwegs war, konnten wir vieles über die Welt, Südamerika und vor allem Bolivien lernen. Diese Insiderinformationen waren für uns besonders spannend da es schwierig ist als Tourist diese komplexen Zusammenhänge zu verstehen und mitzubekommen. Mit dem Auto sind wir manchmal in einer bisschen privilegierteren Lage als Rucksackreisende um uns ein Bild abseits der Touristenströme zu machen.

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